Zwei wiederentdeckte Klassiker der spanischen und katalanischen Literatur im Kupido Literaturverlag

Der Anfang 2019 gegründete Kupido Literaturverlag versteht sich explizit als Verlag für Übersetzungen. Mit Manuel Chaves Nogales‘ „Ifni“ und Blai Bonets „Das Meer“ sind bei Kupido gleich zwei wiederentdeckte Klassiker der spanischen und katalanischen Literatur in deutschen Erstübersetzungen erschienen. Beide verbindet der Blick auf den spanischen Faschismus. Nogales deckt schon 1934 den Komplott der Faschisten auf, allerdings in Worte von einem tragischen Sultan gefasst, den er in seinem Wüstenzelt interviewte. Bonet rückt insbesondere das Leiden der Kinder ins Zentrum seines Romans, welche als Heranwachsende angesichts der Erlebnisse des Bürgerkriegs perspektivlos und voller Gewaltbereitschaft ihrem traurigen Schicksal nicht entkommen.

Manuel Chaves Nogales (Sevilla, 1897 — London, 1944), Autor und bedeutendster Journalist Spaniens Zweiter Republik, steht wie kaum einer für das Schicksal der verfolgten spanischen Intelligenz. Dank seiner nicht zu brechenden Liberalität führt Spanien heute einen aufgeklärten Diskurs über seine Geschichte. Zwischen 1928 und 1944 verfasste er zahlreiche Werke über Deutschland, Frankreich und Russland. Er zählt inzwischen zu den integersten Stimmen Europas. 1934 reist er nach Marokko, Ifni, und geht dem Gerücht nach, in Marokko seien seit der Schlacht von Annual (1921) 300 Spanier festgehalten. Aber ein weiteres Ereignis gerät in den Focus der Recherche, für die er immer tiefer in das Marokko dieser Jahre vordringt: Spaniens letztes Abenteuer als Kolonialmacht.

Blai Bonet i Rigo (1926 — 1997) schrieb „Das Meer“ als junger Mann. 1957 erhielt er dafür den Premi Joanot Martorell, den seinerzeit wichtigsten Preis für unveröffentlichte Prosa. 1958 wurde der Roman nach langem Ringen zwischen Verlag und Zensur veröffentlicht. Bonet wurde neben Mercè Rodoreda und Josep Pla zu einer der bedeutendsten Figuren der katalanischen Literatur. Die FAZ titelte über Bonets „Das Meer“: „Großtat eines kleinen Verlags“. Mit seinen klug in die Irre führenden Anlehnungen an Camilo José Cela, Thomas Mann und Franz Kafka gelingt Bonet eine unerreichte Zersprengung des Erzählens, die selbst bei Camus noch die Hälfte der Emotionen gestrichen hätte. Überspannt von malerischen Beschreibungen der Landschaft Mallorcas, lässt dieser Roman keinen Ausweg zwischen bigotter Moral und sexueller Verklärung. Zwischen Szenen von Auflehnung, aufkeimender Sexualität und abrupter Gewalt bleibt für ein klischeehaftes Mallorca kein Platz. Dennoch: „Das Meer“ ist wie ein Brandzeichen auf einem unserer größten Sehnsuchtsorte, Mallorca.

Eintritt: Freie Spende

instagram.com/kupidoverlag

31. Mai 2022@ 19:00
19:00